Skitourenwoche Obernberg im Wipptal

Skitourenwoche 2023 im Wipptal

Sonntag, 5. März:  Sattelberg, 2113 m

Um 9 Uhr treffen wir uns bei Stefan in Frümsen, stärken uns mit Kaffee und fahren dann mit drei gut gefüllten Autos via Arlberg ins Wipptal. Neu in unserer Gruppe sind Franzisca und Roland, die wir herzlich aufnehmen. Bei Gries verlassen wir die Brennerautobahn und starten um 13 Uhr zu einer Eingehtour. Dieses Jahr ist das besonders wichtig, da wir alle aufgrund der Schneemangellage im Trainingsrückstand sind. Schnee hat es und die Strecke ist maschinell gepistet!   Das scheint sinnvoll, denn uns kommen viele Tourengänger abfahrend entgegen. Nach etwa einer Stunde erreichen wir die Sattelalm mit einem grossen Restaurant. Einige schauen sehnsüchtig zur Gaststätte, aber wir nehmen den Anstieg zum Sattelberg unter die Skier. Dort belohnt uns ein schöner Ausblick in die Bergwelt und Stefan erkundet mögliche Tourenziele. Rassig kurven wir die Piste hinunter. Die Bindung von Franzisca hält der Belastung nicht stand und muss justiert werden. Zum Glück sind gute Techniker in unserer Gruppe vorhanden, die das Problem lösen können. Damit wir die Geselligkeit pflegen können, kehren wir nun in der Sattelalm ein und löschen den Durst. Immerhin haben wir schon die ersten 900 Höhenmeter geschafft.  Anschliessend fahren wir zum nahegelegenen Humlerhof und beziehen unsere Zimmer. Die Küche verwöhnt uns mit einem feinen fünfgängigen Nachtessen, woran wir uns in den nächsten Tagen gerne gewöhnen. Carlo und Giovanni wählen einen süffigen österreichischen Wein aus. Wir werden von der Wirtin auch belehrt, dass Tirol nicht Italien sei. Hier gibt es Marillenschnaps und nicht Grappa, erklärt sie mit einem herzhaften Lachen, das uns alle zum Schmunzeln bringt.

Montag, 6. März, Punkt unterhalb des Kraxtragers, 2770 m

Nach dem reichhaltigen Frühstücksbuffet fahren wir ca. 10 Minuten ins Venntal bis zum Weiler Venn. Da die Nordseite gut eingeschneit ist, glänzen unsere Augen. Wie immer sind wir schnell bereit und laufen dem Sommerweg folgend hoch durch den Wald. Es ist eine verträumte Landschaft, aber die steilen Stufen verlangen unsere Kraft. Nach etwa einer Stunde erreichen wir ein einsames Hochtal. Starker Wind aus Südwest begrüsst uns, aber wir sind entweder gut ausgerüstet oder von Natur aus hart im Nehmen. Windgeschützt rasten wir und stärken uns bevor wir weiter in Richtung Kraxtrager aufsteigen. Etwa auf 2770m wechseln wir in den Abfahrtmodus und - wer hätte das gedacht - brausen über schöne Pulverschneehänge talwärts. Stefan findet immer wieder eine Mulde und weicht den Steinen geschickt aus. Den Abschluss bildet eine steile Waldabfahrt, die unsere technischen Fertigkeiten fordert. Einige von uns verwechseln Bäume mit kippbaren Slalomstangen, aber insgesamt schaffen wir die steile Rinne souverän. Alle sind glücklich und geniessen den Umtrunk im Humlerhof. Gemäss Carlo haben wir 1350 Höhenmeter gemeistert.

Dienstag, 7. März, Kleiner Kaserer, 3093 

Die Wetterprognose ist gut, so dass Stefan die Königsetappe vorschlägt. Wir fahren ins Schmirntal. Dort parkieren wir die Autos und laufen ins stetig ansteigende Wildlahnertal. Die Sonne wärmt angenehm und schon bald erreichen wir eine Ebene. Wir überwinden eine Steilstufe und vor uns eröffnet sich ein weites Tal. Die kurze Rast nutzen unsere Frauen für ein gelungenes Fotoshooting. Die Fotos werden wir auf der Webseite der Sektion hochladen! Gestärkt und in guter Laune nehmen wir einen langen Hang in Angriff, den wir mit unzähligen Spitzkehren überwinden. Nach dem Skidepot kommt die Kletterei. Stefan, Carlo und Corsin unterstützen die Unerfahrenen, zu denen auch der Schreibende gehört, und so erreichen wir das Gipfelkreuz auf fast 3100 m. Wir geniessen den herrlichen Ausblick auf die Tiroler Alpen, weniger erfreulich ist der Blick auf das nahegelegene Skigebiet von Hintertux! Wir steigen ab und Picknicken windgeschützt an der Sonne. Stefan findet zu unserer Überraschung noch unverspurte Hänge und so schwingen wir fröhlich talwärts. Nach 1670 Höhenmetern und sieben Stunden, erfrischen wir uns im Gasthaus Lamm mit Diesel, Radler und unverdünntem Bier. Eine unvergessliche Tour!

Mittwoch, 8. März, Hohe Warte, 2396m

Für Mittwoch ist wenig Sonne und viel Wind angekündigt. Leider trifft diese Prognose auf unsere Tour von Navis zur Hohen Warte zu. Zunächst geht es auf einer Forststrasse ins Tal hinein. Der Wind ist kaum spürbar, die Sonne zeigt sich immer wieder und wir sind guten Mutes, dass dies eine warme Frühlingstour geben wird. Doch kaum kommen wir in offeneres Gelände, beginnt der Wind. Wie ein Drache rüttelt er an unseren Jacken. Dann ist es wieder windstill, bevor er mit Schneegestöber unser Gesicht massiert. Aber wir geben nicht auf. Stefan legt eine gleichmässige Spur. Wir anderen folgen ihm im kompakten Tazzelwurm, den Kopf geneigt auf die Skier der Vorderfrau oder des Vordermanns gerichtet. Als wir den Grat erreichen, lässt der Wind vorübergehend nach, als wäre er entkräftet, weil er den Kampf gegen uns verloren hat. Aber dann ist er wieder mit voller Kraft zurück. Ein Picknick ist undenkbar. Als alle bereits die Schuhe festgezurrt haben, klemmt Ursinas Bindung und ihr Schuh lässt sich nicht fixieren. Es braucht den gebündelten Einsatz von Stefan und Corsin, damit die Bindung (ich verzichte hier auf die Nennung der Bindungsmarke!) endlich ihren Dienst erfüllt. Ein guter Halt ist unerlässlich, weil die Abfahrt unserer Skitechnik einiges abverlangt. Selten können sich unsere Beine bei Tiefschneeschwüngen ausruhen. Allmählich wird es wärmer und Franzisca entledigt sich zweier ihrer fünf Kleiderschichten. Sie zeigt sich dabei in immer neuen Farben, fast wie ein Chamäleon. Den Durst nach 1109 windigen Höhenmetern löschen wir im Gasthaus Kirchenwirt in Navis. Zurück im Humlerhof geniessen einige die Sauna und andere relaxen in den Zimmern bis zur Apérozeit.

Donnerstag, 9. März, Sumpfschartl vom Valsertal, 2500m

Der Tag startet mit zwei guten Nachrichten. Erstens hat der Wind, der die ganze Nacht am Haus gerüttelt hat, aufgehört. Zweitens passen Peters Innenschuhe auch in Giovannis Schuhe und die Verwechslung wird gerade noch rechtzeitig entdeckt! Die schlechte Nachricht ist, dass die 25 % Niederschlagswahrscheinlichkeit sich realisiert: Es regnet. Doch gut verpackt starten wir im Valsertal. Zunächst durchqueren wir den Wald und überwinden einige steile Geländestufen. Unterdessen schneit es. Der klebrige Schnee haftet an unseren Fellen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die dicken Stollen abzuklopfen und die Felle zu wachsen. Wieder mit leichteren Skiern erreichen wir das breite Hochtal. Unterdessen bricht die Sonne durch und wir geniessen unser Picknick. Anschliessend steigen wir über die weiten Hänge hoch in die Nähe des Übergangs Sumpfschartl. Das mit Felsen durchsetzte Tal ist wenig eingeschneit, so dass Stefans Talent im Aufspüren einer guten Abfahrtsroute wieder gefragt ist. Nach gemütlicher Pause geht es rassig abwärts und wir geniessen die Schwünge im meist lockeren Schnee. Im unteren Teil ist erneut Pisten- und Rutschtechnik erforderlich, aber auch dies meistern wir bravourös. Den Abschluss bildet eine Erfrischung erneut im Gasthof Lamm. Gemäss Carlos Tracking haben wir 1274 Höhenmeter geleistet, wobei wir mit 6300 m die 6000er Grenze geknackt haben. Wir finden, das ist eine eindrückliche Leistung. Darauf und auf die gute Woche stossen wir am Abend mehrmals an.

Freitag, 10. März, Rückreise

Stefan hat sich bereits eine Abschlusstour im Obernbergtal ausgedacht und rekognosziert, aber der Himmel ist am Morgen wolkenverhangen und Regen kündigt sich bis in hohe Lagen an. Nach den schönen Touren wollen wir die Woche nicht mit einem Pflichtprogramm abschliessen. So machen wir uns nach dem Morgenessen auf den Rückweg nach Graubünden, alle mit einem Strahlen im Gesicht. Wer hätte vor einer Woche gedacht, dass wir angesichts der schwierigen Schneelage so schöne Tourentage mit eindrücklichen Landschaften und immer wieder mit schönen Pulverschneeabfahrten erleben würden. Ein grosser Dank geht an Stefan für die umsichtige Tourenführung und an alle für die herzliche Gemeinschaft.