Skitourenwoche Bedrettotal

Skitourenwoche Val Bedretto 2021

Sonntag, 7. März 2021: Ankunft

Um 16 Uhr treffen wir uns beim Hotel Forni in Airolo. Die Sonne scheint und wir geniessen einen ersten Umtrunk vor dem Hotel. Einige Eichenfässer erleichtern das Zusammenstehen, Stühle auf der Terrasse sind vom Bundesrat bekanntlich nicht erlaubt. Später stimmt uns ein feines Nachtessen auf die Tourenwoche ein und wir lernen unsere beiden neuen Tourenkollegen kennen. 

Montag, 8. März 2021: Helgenhorn (2836 m)

Frühstück ist um 7 Uhr und es kommt zu einem kurzen Stau beim Kaffeeautomaten. Dieser macht guten Kaffee, aber das braucht Zeit. Und dann das: Andrea hat sein LVS vergessen! Zum Glück kann er beim Skiverleih an der Talstation des Skigebiets von Airolo ein Gerät mieten. Gestärkt und vollständig ausgerüstet fahren wir ins Bedrettotal bis All'Acqua. Schnell sind wir bereit und steigen durch lichten Wald hoch zur Alpe Formazzora. Dann öffnet sich die Landschaft und über sanfte Hügel geht es hoch zum Passo San Giacomo. Dort überqueren wir die Landesgrenze und kaum in Italien wärmt uns die Sonne intensiv. Kurz nach dem Mittag stehen wir auf dem Helgenhorn. Wir geniessen die herrliche Rundsicht mit den italienischen Bergen im Süden, den Blick zum Nufenenpass und über das ganze Bedrettotal. Nach einer Rast fahren wir über Pulverschnee- und Sulzhänge zum Passo San Giacomo hinab. Dort montieren wir nochmals die Felle und steigen ca. 20 Minuten hoch, um die von Stefan gesichteten Rinnen mit Pulverschnee zu erreichen. Wir müssen einzig aufpassen, dass Daniel keine falsche Route nimmt, wenn er den Steilhängen ausweichen will. Und so ziehen wir schöne Schwünge durch den unverspurten Schnee bis hinunter zum Ticino, den wir auf einer Schneebrücke überqueren. Was für ein wunderschöner Start in die Tourenwoche! Wir begiessen ihn stehend vor unserem Hotel mit einer Runde Bier. Beim feinen Nachtessen schenken Carlo und Giovanni den Wein ein. Sie haben den Wein im nahen Denner gekauft und mit dem Wirt einen Zapfenpreis abgemacht. So müssen wir nicht den teuren Wein des Hotels konsumieren, dafür fliesst der Rebensaft umso reichlicher!

Dienstag, 9. März 2021: Poncione di Manió (2925 m)

Schon um 8:15 laufen wir in All'Acqua los. Diesmal steigen wir den Südhang hoch. Nach kurzer Suche im steilen Wald findet Stefan den gemächlich ansteigenden Hüttenweg und wir erreichen die Capanna Piansecco. Auf der Terrasse geniessen wir einen feinen Kaffee. Der gibt uns Schub, um den steilen Aufstieg zum Gerenpass flott zu bewältigen. Dort öffnet sich eine weite Landschaft mit eindrücklichen Abbrüchen des Chüebodengletschers. Wir steigen hoch zum Poncione di Manió. Dort rasten wir nur kurz, da Wind und Wolken uns zur Abfahrt drängen. Zunächst schwingen wir durch den Pulverschnee und anschliessend stechen wir in ein steiles, aber breites Couloir hinunter, mit schön angesulztem Schnee. Nach einigen weiteren Genussschwüngen folgt die Waldabfahrt, die uns technisch erneut fordert. Aber mit unserer Routine bewältigen wir auch diese Herausforderung und verwechseln die Bäume nicht mit Kippstangen. Zum Nachtessen gibt es extra für uns feines Hirschfilet. Dazu hat unsere Weincrew einen feinen Amarone ausgewählt.

Mittwoch, 10. März 2021, Rundtour mit Abfahrt ins Val Piana

Jeden Tag starten wir etwas früher in All'Aqua. Heute ist eine Rundtour mit zwei Übergängen vorgesehen. Wir steigen zunächst erneut auf der Nordseite zur Alpe Formazzora hoch und ziehen unsere Spuren durch das Val d'Olgia zum Passo Grandinagia auf 2698 m. für den letzten Teil müssen wir die Skier an den Rucksack binden und mit den Steigeisen hochlaufen. Ein eindrückliches Panorama belohnt uns: Weit im Westen thront beispielsweise das Finsteraarhorn. Stefan möchte unweit vom Pass durch ein sehr steiles Couloir ins Val Cavagnolo abfahren. Gemeinsam mit Carlo und Walter sucht er einen Weg durch die Felsen. Und es funktioniert! Vorsichtig rutschen wir ein Stück ab, teilweise können wir uns an einem Seil sichern. Dann folgen stiebende Schwünge durch den Nordhang. Nach einem kurzen Aufstieg zum Poncione Val Piana folgt die Abfahrt über weitere unverspurte Hänge ins Val Piana. Der Schlussteil verlangt nochmals volle Konzentration, da die Schneequalität stark abnimmt. Aber wir schaffen auch das und alle kommen trockenen Fusses über den Ticino. Fast acht Stunden nach dem Start und nach über 1400 Höhenmetern und technisch anspruchsvollen Passagen kommen wir müde, aber erfüllt wieder zur Strasse. Zurück im Hotel freuen wir uns auf ein Bier, aber die Hotelbar ist verwaist. Carlo und Armin übernehmen den Job und zapfen das Bier. Es schmeckt wunderbar!

Donnerstag, 11. März: Pulverschnee im Vallegia

Der Himmel ist bedeckt und im Laufe des Tages ist zunehmende Bewölkung angesagt. Stefan schlägt vor, in den Kessel eines kleinen Tälchens (Vallegia) hochzusteigen. Wir starten bei der Abzweigung nach Ronco und kommen an einem tief verschneiten Weiler vorbei. Über den Waldweg erreichen wir bequem die Alp und ziehen dann in den unverspurten Kessel, der von mächtigen Felsen eingerahmt ist. Die steile Südseite ist fast schneefrei und braune Lawinenkegel liegen im Talboden. Die Nord- und Osthänge sind hingegen gut eingeschneit. Unter der Pulverschneeschicht liegt der harte Schnee, so dass wir bald die Harscheisen montieren. Über gefühlte 20 Spitzkehren erreichen wir den Startpunkt zur Abfahrt auf ca. 2300 m. Die Sonne durchbricht die Wolken und bei guter Sicht kurven wir durch den steilen Hang und umfahren spielerisch die eingeschneiten Felshügel. Nach der Mittagsrast an sonnigem Ort mit Blick auf unsere 'Schnee-Kunst' kehren wir via Waldweg zurück zu den Autos. Die Tour lassen wir für einmal auf der Terrasse des Hotels Alpina in Ronco ausklingen. Ronco liegt auf der Talsüdseite auf einem Vorsprung, eingeklemmt zwischen zwei Lawinenzügen. Die Strasse führt durch mächtige Lawinenkegel, die erkennen lassen, mit welcher Kraft die Lawinen hier regelmässig zu Tal stürzen.

Freitag, 12. März: Pizzo Lucendro (2962 m) 

Es hat in der Nacht geschneit und der Schnee hat die vielen Spuren wieder verwischt. Die Sonne scheint und färbt die Gipfel am Morgen rosa. Mit Freude starten wir kurz nach acht Uhr oberhalb von Airolo bei der Kaserne. Die Route führt uns zunächst über die neue Passstrasse mit ihren Verbauungen. Ob diese nun eine Meisterleistung der Ingenieurkunst darstellt oder ein brutaler Eingriff in die Bergwelt ist, beschäftigt uns nur am Rande, denn die Ingenieure haben die Strasse durch steile Südhänge gebaut, so dass wir unzählige Lawinenkegel überqueren müssen. Das fordert Kraft und Konzentration. Schliesslich binden wir die Skier an unsere Rucksäcke und klettern über den Lawinenschnee hoch, bis wir den Lawinenzug hinter uns lassen. Anschliessend, mit wieder leichterem Rucksack, gewinnen wir rasch Höhe und ziehen an einer fast vollständig eingeschneiten Alphütte vorbei zum Passo Lucendro. Schon von weitem lockt der Gipfel mit seinem grossen Kreuz, den wir gegen halb zwei erreichen. Bald tanzen wir abwärts durch den federleichten Neuschnee. Da wir aufgrund der vielen Lawinenkegel nicht die Aufstiegsroute nehmen wollen, steigen wir nochmals kurz auf und finden nach etwas Suchen eine direkte Route zum Ausgangspunkt. Wir fahren eine letzte Rinne hinab, die wir alle sicher meistern. Und schon bald sitzen wir beim kühlen Bier im Hotel. Alle sind ziemlich müde nach dieser 17 km langen und anstrengenden Tour mit 1565 Höhenmetern!

Das ist auch unsere Abschlusstour gewesen. Wir haben fünf herrliche Touren gemeinsam unternehmen können, sind in die Bergwelt des Val Bedretto eingetaucht und haben gemütliche Abende miteinander verbracht. Daran ändert auch das mühsame Abrechnen mit dem Hotel nichts. Stefan hat wie immer ausgezeichnete Touren ausgewählt, die uns einiges abverlangt und gleichzeitig mit eindrücklichen Erlebnissen belohnt haben. Unsere beiden «Hamburger» haben unsere Gruppe bereichert und sich mit Extraleistungen für eine erneute Teilnahme empfohlen.

So verabschieden wir uns am Samstagmorgen mit strahlenden Gesichtern und freuen uns auf ein Wiedersehen in einem Jahr.

Peter Moser/14.03.2021